B1elektro.de plant und installiert Smarthome-Systeme aller Hersteller. In den letzten 20 Jahren hat sich der Smarthome-Markt sehr verändert, Hersteller sind gekommen und manchmal genauso schnell wieder gegangen, nur wenige Systeme haben sich am Markt durchgesetzt.
Jedes System hat in puncto Leistungsumfang, Erweiterbarkeit und Stabilität seine Stärken und Schwächen. Daher ist die Auswahl nicht einfach. Unsere gesammelten Erfahrungen möchten wir Ihnen an dieser Stelle gerne als Entscheidungshilfe weitergeben.
KNX – der professionelle Vierdraht-Bus
KNX (Konnex) ist ein Standard, der bereits 1990 unter dem damaligen Namen Europäischer Industriebus (EIB) eingeführt wurde. Es handelt sich um ein Bus-System aus vier Adern (2x für die Kommunikation, 2x für die 29 Volt-Spannungsversorgung der Komponenten). Zwischen allen Komponenten, Aktoren und Sensoren, muß dieses – meist – grüne Buskabel verlegt werden, wobei auch Abzweige und Baumstrukturen möglich sind.
Mittlerweile bieten über 400 (!) Hersteller Komponenten für den KNX-Bus an, darunter alle namhaften Schalter- und Steckdosenhersteller wie BUSCH JAEGER, Merten, GIRA usw.
KNX ist das einizige Bussystem, daß nicht proprietär, also nicht herstellergebunden ist. Auf den Preis wirkt sich die Konkurrenz jedoch kaum aus, KNX ist nicht billig. Dafür gilt KNX als stabilstes, bezüglich der Funktionssicherheit zuverlässigstes und aufgrund der Herstellerunabhängigkeit zukunftssicherstes System. Und: es gibt fast nichts, was mit KNX nicht machbar wäre.
KNX wird von Beginn an für umfangreiche Steuerungen in (Gewerbe)immobilien eingesetzt und wendet sich in erster Linie an professionelle Errichter und größere Projekte. Die Installation und Programmierung, aber auch Erweiterung ist durch den Laien kaum realisierbar. Dafür ist die spezielle Software „ETS“ notwendig, die schon in der günstigsten Version 200 EUR kostet, in dieser aber gerade einmal die Verwaltung von 20 Komponenten erlaubt. Die Anschaffung der Vollversion ohne Begrenzung lohnt sich mit einem Preis von 1000 EUR nur für Elektriker.
Obwohl in erster Linie im professioenellen Umfeld, also größeren Miet-Immobilien und Unternehmen zu Hause, ist KNX natürlich auch im Eigenheim nutzbar. Die Funktionssicherheit von KNX bewährt sich im Großen wie im Kleinen.
Aber: durch die Hürden bei der Programmierung und vor allem Erweiterbarkeit ist KNX in erster Linie das Richtige für weniger technikaffine Kunden, die schlichtweg eine stabilie, sicher funktionierende Lösung wünschen. Für Elektronikfreunde, Bastler und Kunden, die ggf.später selbst Erweiterungen vornehmen möchten, ist KNX weniger geeignet.
Eine Besonderheit hat KNX noch: die meisten anderen Systeme nutzen eine Zentrale oder einen Server, der das Zusammenspiel der Sensoren und Aktoren regelt. KNX kommt ohne eine solche Zentrale aus. Die „Intelligenz“ der Steuerung (Beispiel: wenn Taster A kurz gedrückt wird, Licht normal einschalten; wenn er lang gedrückt wird, Licht dimmen auf 50% Helligkeit) ist direkt in den Sensoren und Aktoren eingebaut bzw. wird dort direkt einprogrammiert.
Es gibt also keine Zentrale, die ausfallen und das ganze System lahmlegen kann. In der Praxis resultiert aus dieser dezentralen Organistation der Vorteil, daß bei Ausfall eines Netzteiles andere Teile und deren Funktionen nicht beeinträchtigt werden.
Thema Visualisierung: je nach Funktionsumfang Ihres Smarthomes ist es sinnvoll/schick, die Funktionen und Schaltmöglichkeiten auf dem Tablet oder Smartphone steuern zu können. Eine solche Lösung lässt sich auch bei KNX problemlos einbauen, es gibt hierfür von Gira den X1 Server, von Jung den Smart Visu Server, von MDT den VisuControl Easy Objektserver und viele weitere.
Drahtgebundene Bussysteme arbeiten grundsätzlich sicherer und stabiler, als Funksysteme. Daher empfehlen wir KNX in Neubauten. Hier hält sich der Aufwand, neben dem 230V-Installationskabel das KNX-Buskabel zu verlegen, in Grenzen.
In Bestandsimmobilien ist eine Nachrüstung mit KNX kaum realisierbar. Eine Lösung wäre hier der Einsatz von Komponenten, die die KNX-Funkvariante „KNX RF“ unterstützen. Hierfür gibt es allerdings andere Smarthomesysteme mit besserem Preis-/Leistungs-Verhältnis.
Homematic / Homematic IP – das universelle Funksystem
Unter dem Namen „Homematic“ vetreibt die eQ-3 AG ihr Smarthomesystem. Im Jahr 2012 wurde das System um einen Cloud-Service erweitert, es trägt seitdem den Namen „Homematic IP“.
Die eQ-3 AG ist eine Ausgründung der Leerer Firma ELV, die in Elektotechnik-Bastlerkreisen allgemein bekannt ist. Daraus definiert sich auch die Zielgruppe: Homematic bietet keine Gebäudeautomation im großen Stil, sondern wendet sich hauptsächlich an Privatkunden und Eigenheimbesitzer. Dies muß jedoch keineswegs ein Nachteil sein.
Homematic (IP) kennen und installieren wir seit dem Marktstart im Jahr 2006. Von Beginn an bot das System ein sehr günstiges Preis-/Leistungs-Verhältnis und funktionierte überraschend stabil. Kleinere Kinderkrankheiten wurden in den Jahren beseitigt, der Umfang stetig erweitert, sodass Homematic heute ein vollwertiges Smarthome-System darstellt.
Hauptzielgruppe von Homematic sind Privatanwender. Dementsprechend sind Erweiterungen und Ergänzungen problemlos ohne Zusatzsoftware über eine Weboberfläche auch durch technikinteressierte Laien realisierbar.
Funksysteme verfügen oft über eine geringe Reichweite; bei Homematic ist das nicht der Fall. Zwischen zwei Gebäuden werden 100 Meter problemlos überbrückt, innerhalb eines normalen Einfamilienhauses sind wir bislang nie an die Grenzen der Reichweite gelangt.
Als vorteilhaft erweist sich die bidirektionale Kommunikation. Wenn ein Taster an einen Aktor (z.B.Steckdose) das Einschaftsignal sendet, sendet der Aktor eine Bestätigung. Damit besteht die Gewissheit, daß das Signal beim Empfänger angekommen ist.
Im Gegensatz zu KNX lässt sich Homematic zentral oder dezentral betreiben. Beide Verfahren können auch gemischt werden.
Einfache Funktionen können dezentral direkt zwischen Sensor und Aktor einprogrammiert werden. So zum Beispiel die Verbindung zwischen einem Taster und einer Funksteckdose. Bei einem – unwahrscheinlichen – Ausfall der Zentrale funktioniert somit immer noch die Steuerung der Funksteckdose.
Für komplexe Steuerlogiken z.B.Schalten zu bestimmten Zeitpunkten, zu verschiedenen Helligkeitswerten oder Windstärken, stehen zwei Zentralen zur Auswahl.
Die „große“ Zentrale CCU3 (ca. 149 €) speichert die „Intelligenz“, also die Programme und Funktionsverknüpfungen lokal auf einer SD-Karte. Das System funktioniert damit auch komplett ohne Internet. Für Kunden, die gerne ihre Daten im Hause behalten, die ideale Lösung.
Die „kleine“ Zentrale nennt sich „Homematic IP WLAN Access Point“ und kostet nur 49 €. Hier werden die Programme jedoch nicht lokal, sondern auf einem Server im Internet („Cloud“) gespeichert. Auch bei Ausfall der Internetverbindung sind die Grundfunktionen vorhanden, erweiterte Steuerungen funktionieren jedoch nur mit Cloud-Zugriff.
In beiden Lösungen ist zugleich eine Visualisierung eingebaut. Mit Smartphone oder Tablet lassen sich Funktionen schalten und Sensorwerte anzeigen. Bei der Homematic CCU3 reicht es, wenn sich das Tablet im gleichen WLAN-Netz befindet; beim Access Point ist eine Internetverbindung erforderlich.
So wie KNX neben dem drahtgebundenen Bussystem auch Funkkomponenten anbietet, gibt es bei Homematic auch die Möglichkeit, Aktoren und Sensoren über einen Zweidraht-Bus „Homematic Wired“ anzubinden. Sinnvoll ist dies beispielsweise für Jalousiensteuerungen, wenn sich die Zuleitungen an einem zentralen Punkt im Zählerschrank befinden. Außerdem lassen sich so weit entfernte Bereiche überbrücken.
Homematic IP ist aus unserer Sicht eine – wenn nicht die – ideale Lösung, um Bestandsimmobilien „smart“ zu machen. Und vor allem: sie ist bezahlbar.
Verschaffen Sie sich hier einen Überblick: https://www.homematic-ip.com/produkte.html
Loxone – die KNX-Alternative/Ergänzung
Das Smarthome-System Loxone wird seit 2008 von der gleichnamigen Firma aus Österreich angeboten. Herzstück einer jeden Installation ist jeweils der Miniserver.
Alle Sensoren und Aktoren kommunizieren über den Server miteinander, Loxone ist also zentral organisiert, was dann ein Problem darstellen kann, wenn der Server einmal ausfällt. Schlimmstenfalls bleibt dann das ganze Haus dunkel; bei der Planung sollte also eine Art Notbeleuchtung vorgesehen werden.
Loxone-Komponenten bieten Schnittstellen zu anderen Systemen, u.a. KNX, diese Schnittstelle ist jedoch nicht zertifiziert. Bei Fehlfunktionen besteht keine Gewährleistung, ein Umstand, der für den Installateur ein Problem darstellt. Und: im Gegensatz zu KNX sind Loxone-Komponenten nur von Loxone selbst erhältlich – ein Risiko, falls dieser Hersteller einmal ausfallen sollte.
Vom Installationsaufwand unterscheidet sich Loxone kaum von KNX; neben den 230V-Zuleitungen zu Leuchten, Steckdosen usw. wird ein 4adriges Loxone-Buskabel verwendet, über das neben den Steuersignalen auch 24V Gleichspannung zur Versorgung der Komponenten übertragen wird.
Vergleichbar mit KNX bietet auch Loxone Komponten an, die über Funk angebunden werden („Loxone Air“), zum Beispiel Fensterkontakte und Rauchmelder.
Ob eine Loxone-Installation günstiger ist, als eine KNX-Lösung, hängt vom Einzelfall ab.
Aber vor allem in einem Fall kann Loxone interessant sein, nämlich wenn bei einer Bestandsimmobilie bereits KNX installiert ist, der neue Eigentümer jedoch das System selbst erweitern möchte.
Die Erweiterung um neue KNX-Aktoren oder -Sensoren scheitert im KNX-Universum für Privatpersonen wie bereits beschrieben meist schon an der (viel zu) teuren ETS5-Software. Loxone hingegen hat wie Homematic bereits eine kostenlose Programmierumgebung an Bord und kann auch vom technikinteressierten Privatanwender programmiert werden.
Ein weiterer Anwendungsfall ist die Ergänzung einer KNX-Installation um eine Visualisierung. KNX-Visualisierungsserver kosten teilweise mehr, als ein Loxone-Miniserver, der bereits die Visualisierung an Bord hat. Man hat hier also die Möglichkeitm quasi zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: zum einen bekommt man eine bezahlbare Visualisierung, zum anderen öffnet die KNX-Installation für eigene Erweiterungen.
enOcean – die „stromlose“ Alternative
Sicher kein vollwertiges Funk-Smarthomesystem – aber dennoch eine genialer Problemlöser ist das enOcean-System. Denn: enOcean kommt ohne externe Stromversorgung oder Batterien aus.
Das 2001 gegründete Venture der Siemens AG verfolgt den Ansatz, elektrische Energie aus Bewegung, Sonnenlicht und Temperaturdifferenzen zu generieren, und somit bezüglich der Energieversorgung völlig autark arbeiten zu können.
Um dies zu erreichen, ist sparsam mit der Energie umzugehen, die Sendeleistung ist gering und damit die Reichweite auf etwa 30m begrenzt.
Bei enOcean-Tastern beispielsweise wird die Energie ähnlich wie bei einem Fahrraddynamo erzeugt. Dies bedingt aber einen gewissen Hub und Kraftaufwand, daher ist bei der Bedienung dieser Taster ein deutlicher Druckpunkt spürbar. Einige Kunden mögen dies als gewöhnungsbedürftig empfinden. Vorteil jedoch: die Taster sehen wie Unterputztaster aus, sind aber flach und werden einfach an der gewünschten Stelle an die Wand geklebt. Und das System schont die Umwelt: nie wieder Batterien auswechseln.
enOcean ist ein offenes Protokoll, Aktoren und Sensoren werden von zahlreichen Herstellern angeboten. Im deutschsprachigen Raum besonders verbreitet sind die auffälligen blauen Komponenten der Firma Eltako.
Wenn es um Visualisierungen oder komplexe Steuerungen geht, stösst enOcean an seine Grenzen. Hier ist dann die Verbindung mit einem anderen System unausweichlich.
In vielen einfacheren Fällen ist enOcean aber die perfekte Lösung. Zum Beispiel wenn eine neue Beleuchtung ferngeschaltet werden soll, jedoch kein Kabel zwischen Schalter und Leuchte vorhanden ist.